
Biotinmangel (Vitamin B7) vorbeugen und behandeln
Aktualisiert am 21.01.22
Schöne Haut, kräftiges Haar und gesunde Nägel: Vitamin B7 ist nicht umsonst als „Schönheitsvitamin“ bekannt. Da Biotin in vielen Lebensmitteln steckt, tritt ein Mangel in der Regel nur selten auf, macht sich häufig allerdings auch erst nach längerer Zeit bemerkbar.
In diesem Ratgeber erhalten Sie Informationen zu folgenden Themen:
- Vorkommen
- Funktionen im Körper
- Ursachen für einen Biotinmangel
- Symptome
- Täglicher Biotinbedarf
- Mögliche Risikogruppen
- Ernährung bei Biotinmangel
- Biotinmangel behandeln und vorbeugen
Vorkommen
Biotin - auch Vitamin B7 und gelegentlich Vitamin H genannt - ist ein wasserlösliches, lebensnotwendiges Vitamin aus der Gruppe der B-Vitamine, das der Körper bei einem Überschuss über die Nieren ausscheidet und nicht selbst herstellen kann. Entsprechend ist eine ausreichende Versorgung über die Nahrung notwendig.
Das Enzym Biotinidase ist essenziell für die Biotinaufnahme
Wie viel Biotin der Körper tatsächlich über die Nahrung aufnehmen kann, hängt wesentlich vom Enzym Biotinidase ab; ohne dieses kann der Körper das Vitamin nicht verwerten. Biotinidase ist in Lebensmitteln an Eiweiße gebunden, spaltet den Biotin-Eiweiß-Komplex auf und wandelt das Vitamin B7 so in seine aktive Form um.
Verschiedene Formen von Biotin
Biotin weist drei asymmetrische C-(Kohlenstoff-)Atome auf, die die Bildung acht verschiedener Biotinverbindungen(Stereoisomeren) ermöglichen, von denen in der Natur jedoch nur das sogenannte D-Biotin vorkommt und biologisch aktiv ist. Nur Bakterien, Schimmelpilze, Hefe, Algen sowie bestimmte Pflanzenarten sind in der Lage, Biotin zu bilden. Wir decken unseren täglichen Biotinbedarf mit dem in Lebensmitteln enthaltenen Vitamin B7. Zwar produziert ein Großteil der im Dünn- und Dickdarm angesiedelten Bakterien Biotin, doch bislang ist leider unbekannt, ob diese Form des Vitamins freigesetzt und vom Menschen in bedeutsamen Mengen absorbiert wird.
Funktionen im Körper
Biotin übernimmt folgende Funktionen:
- Zellwachstum
- gesunde Haut, Haare und Nägel
- Erhalt von Schleimhäuten, Blutzellen, Talgdrüsen und Nervengewebe
- zentrale Bedeutung (als Co-Faktor) beim Fett-, Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel
- an korrekter Übermittlung der im Erbgut enthaltenen Informationen beteiligt
Ursachen für einen Biotinmangel
Ein erhöhter Bedarf, eine zu geringe Biotinzufuhr sowie Störungen bei der Aufnahme des Vitamins können als Ursache für einen Mangel in Frage kommen:
- erhöhter Bedarf, z. B. Sportler; Alkoholkranke; Medikamenteneinnahme, z. B. können Antibiotika die im Darm lebenden Bakterien schädigen und so die körpereigene Biotinproduktion verhindern
- geringe Zufuhr durch eine Mangel- oder Fehlernährung (z. B. Essstörungen, Stress),
- Aufnahmestörungen: erblich bedingt, aber auch durch gesundheitliche Vorbelastungen wie Darmerkrankungen
Symptome
Ein Biotinmangel tritt bei gesunden Menschen mit einer ausgewogenen Ernährung nur sehr selten auf und weist - oft erst nach längerer Zeit - unterschiedliche Symptome auf:
- Haarausfall
- roter, schuppiger Hautausschlag insbesondere um Augen, Nase, Mund- und Genitalbereich
- Ekzeme
- Depressionen, Lethargie
- Taubheit und "Kribbeln" der Extremitäten
- Muskelschmerzen
- geschwächtes Immunsystem
Täglicher Biotinbedarf
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt folgende tägliche Biotinzufuhr:
Säuglinge
- 0 bis unter 4 Monate: 4µg
- 4 bis unter 12 Monate: 6µg
Kinder
- 1 bis unter 4 Jahre: 20µg
- 4 bis unter 7 Jahre: 25µg
- 7 bis unter 10 Jahre: 25µg
- 10 bis unter 13 Jahre: 35µg
- 13 bis unter 15 Jahre: 35µg
Jugendliche/Erwachsene
- ab 15 Jahre: 40µg
Während der Schwangerschaft besteht kein erhöhter Bedarf an Biotin. Stillende Mütter wird jedoch empfohlen, 45µg Biotin täglich aufzunehmen.
Mögliche Risikogruppen
Ein Biotinmangel ist äußerst selten und tritt vorrangig bei Menschen auf, deren Körper eine beeinträchtigte Biotinaufnahmefähigkeit aufweist.
Gesundheitlich vorbelastete Menschen
Neben Personen, die auf eine vollständig künstliche Ernährung angewiesen sind, zählen auch Dialysepatienten und Diabetes-mellitus-Patienten sowie insbesondere Menschen mit Darmerkrankungen zur Risikogruppe für einen Biotinmangel.
Darmerkrankungen
Darmerkrankungen können mit Darmschleimhautveränderungen einhergehen, infolge derer der Körper nicht ausreichend Biotin aus der Nahrung aufnehmen kann. Insbesondere bei einer angeborenen Störung ist ein Mangel keine Seltenheit: Durch veränderte Erbinformationen kann das Eiweiß Biotinidase nicht mehr produziert werden (Biotinidasemangel) - da dieses das Vitamin B7 in seine aktive Form umwandelt und die Aufnahme erst ermöglicht, blockiert dieser Mangel eine ausreichende Biotinaufnahme aus der Nahrung und kann (insbesondere auch bei Säuglingen) teils schwerwiegende Beschwerden hervorrufen:
- Trinkschwäche
- Hautausschläge
- Krampfanfälle
- Erbrechen
- Entwicklungsverzögerungen
- Hörverlust durch Rückbildung der Hörnerven
- Schlaffe Muskulatur, Bewegungsstörungen
- Störungen des Abwehrsystems
- Bewusstseinsstörungen sowie mangelnde Ansprechbarkeit bis hin zum Koma
Genetisch bedingter Biotinmangel
Ein genetisch bedingter Biotinmangel (Carboxylase-Mangel) tritt in zwei Formen auf und kann sich in folgenden Symptomen äußern:
- Hautekzeme
- Erbrechen
- Infektanfälligkeit
- Niedriger Blutdruck
- Übersäuerung (Ketoazidose)
Bei einem frühen Carboxylase-Mangel reichen die normalen Biotinmengen nicht für die Aktivierung der Carboxylasen aus. DieHolocarboxylase-Synthetase koppelt Biotin an Carboxylasen; diese können ihre Wirkung nur so entfalten. Dieses Enzym ist bei einem Carboxylase-Mangel weniger aktiv. Betroffene Säuglinge weisen schon binnen weniger Tage erste Symptome auf.
Carboxylase-Mangel infolge eines Biotinidasemangels
Die später auftretende Krankheitsform hingegen ist vor allem in einem Biotinidasemangel begründet. Die Symptome gleichen den oben genannten, treten allerdings erst einige Monate nach der Geburt auf. Leidet ein Elternteil an dieser Erkrankung, kann eine Fruchtwasseruntersuchung bereits vor der Geburt bestimmen, ob das Kind ebenfalls betroffen ist. In diesem Fall kann die Mutter durch die Einnahme hoher Biotindosen negative Auswirkungen auf den Fötus vermeiden. Die Behandlung eines Carboxylase-Mangels ist nur mit der lebenslangen Einnahme großer Biotinmengen möglich.
Biotinmangel durch Medikamenteneinnahme
Auch eine lang andauernde Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Antibiotika oder Phenobarbital) kann einen Biotinmangel zur Folge haben. Sollte ein Arzt ein Defizit feststellen, besteht die Möglichkeit, das Medikament auszutauschen und/oder Biotinpräparate zu verschreiben.
Biotinmangel durch langfristige Fehlernährung
Eine dauerhafte Mangel- oder Fehlernährung - beispielsweise bei Menschen mit großem Zeit- und Termindruck, aber auch bei Obdachlosen oder infolge von Essstörungen - kann einen Biotinmangel begünstigen.
Biotinmangel aufgrund eines erhöhten Bedarfs
Sport, ein übermäßiger Alkoholkonsum und daraus resultierende Erkrankungen wie Leberzirrhose und Fettleber sowie ein regelmäßiger Nikotinkonsum können den Biotinbedarf erhöhen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung vermutet zudem, dass auch Schwangere und Stillende einen erhöhten Biotinbedarf aufweisen könnten, obgleich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung keine höhere Vitamin-B7-Zufuhr während dieser Lebensphasen vorsieht. Dennoch sollten Schwangere und Stillende auf eine ausreichende Zufuhr achten.
Biotinmangel bei Sportlern durch den Verzehr roher Eier
Personen, die beispielsweise im Rahmen spezieller Bodybuildingdiäten über einen Zeitraum von mehreren Monaten täglich zwei bis sechs rohe Eier verzehren, einem erhöhten Biotinmangel-Risiko ausgesetzt, da sich das im Eiklar enthaltene Biotin nur durch Erhitzen von dem Eiweiß Avidin lösen kann. Eine Unterversorgung erfolgt hier jedoch nur bei einem übermäßigen Verzehr roher Eier sowie einer gleichzeitig zu geringen Biotinzufuhr aus anderen Nahrungsmitteln.
Ernährung bei Biotinmangel
Folgende Lebensmittel können dazu beitragen, den täglichen Biotinbedarf zu decken:
Pflanzliche biotinreiche Lebensmittel
Verschiedene Obst- und Gemüsesorten, aber auch Nüsse und Getreide enthalten Biotin (Angabe je 100g Lebensmittel):
Obst/Gemüse
- Bananen: 5µg
- Erdbeeren: 3µg
- Aprikosen: 1µg
- Kirschen: 0,4µg
- Birnen: 0,1µg
- Tomaten: 3µg
- Erbsen: 2,1µg
- Spinat: 2µg
- Blumenkohl: 1µg
- Spargel: 0,7 µg
- Kartoffeln: 0,2 µg
Nüsse:
- Erdnüsse: 34µg
- Walnüsse: 20µg
- Mandeln: 10µg
Getreide:
- Haferflocken: 20µg
- Roggenmehl: 4µg
- Reis, ungeschält: 3µg
- Weizenmehl: 1µg
Tierische biotinreiche Lebensmittel
Verschiedene Fleisch-, Wurst- und Fischsorten können - regelmäßig in den Speiseplan integriert - den Biotinbedarf decken (Angabe je 100g Lebensmittel):
Fleisch:
- Rinderleber: 100µg
- Schweineleber: 30µg
- Schweinefleisch: 3,3µg
- Rindfleisch: 1,9µg
Fisch:
- Hering: 9µg
- Forelle: 7,7µg
- Rotbarsch: 4,8µg
- Kabeljau: 2,7µg
Milchprodukte:
- Brie: 5µg
- Vollmilch: 3,5µg
- Gouda: 2,6µg
Ernährungsvorschläge zur Deckung des täglichen Biotin-Bedarfs
Die folgende Grafik zeigt, wie Sie den täglichen Biotin-Normalbedarf eines gesunden Erwachsenen decken können:
Stoffe, die eine Aufnahme von Biotin hemmen
- Antivitamine: Dehydrobiotin, Norbiotin, Desthiobiotin, Biotinsulfon und Homobiotin (Zwischen- bzw. Abbauprodukte im Rahmen des Fettabbaus)
- Acidomycin: Das Antibiotikum wirkt gegen Mykobakterien (Tuberkelbazillen) und blockiert deren Biotinsynthese.
- Eiklar: Das in rohem Eiklar enthaltene Avidin bildet mit Biotin einen Komplex, der nicht im Darm resorbiert wird.
Stoffe, die eine Aufnahme von Biotin fördern
Die Vitamine B2, B6, B12 sowie Folsäure und Pantothensäure kommen der Biotinwirkung zugute.
Biotinmangel vorbeugen und behandeln
Bei einem nachgewiesenen Mangel sollten Betroffene vermehrt auf den Verzehr biotinhaltiger Nahrungsmittel achten. Mitunter kann auch die Biotineinnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein. Deckt die Biotinzufuhr den Tagesbedarf ausreichend, bessern sich einige Beschwerden oft schon binnen weniger Tage, während Probleme wie brüchige Nägel infolge eines Biotinmangels meist eine mehrmonatige Einnahme erfordern.
Erhöhte Biotingabe zur Therapie von Multipler Sklerose
In einer Pilotstudie wurde Betroffenen hochdosiertes Biotin (100-300mg täglich) verabreicht. Bei den Probanden zeigten sich eine verbesserte Sehschärfe sowie die Milderung von Lähmungserscheinungen. Die vielversprechenden Studienergebnisse sollen durch weitere Forschung überprüft werden.2
Quelle
2http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211034815000061
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